Lenné Geburtshaus Konviktstraße 4, Bonn
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Stellungnahme der Lenné-Gesellschaft Bonn e. V. zum Bebauungsplan Nr. 6421-1 für „Universitäts-Campus Endenich“ – kurz        „BP-Uni neu“

Jost Brökelmann und beratende Mitglieder1 der Lenné-Gesellschaft Bonn e. V.
 
Der vorgestellte Masterplan für den Campus Endenich hält bezüglich des Lenné-Parks nicht, was er verspricht – den "Erhalt der historischen Parkanlagen“.
 
A.)   FAKTEN
Zu den Zielen des Bebauungsplans "BP-Uni neu"
Auf Seite 6 wird unter „Planungsziele und städtebauliches Konzept“ als Ziel genannt:
„Der Erhalt der historischen Parkanlagen.“
 
Auf Seite 11 steht unter „Freiraumkonzept“:
„Das Freiraumkonzept verfolgt zudem die Zielsetzung, den prägenden und geschützten Baumbestand und Parkcharakter des Rheinterrassenhanges sowie die noch vorhandenen Bereiche des historischen Lenné-Parks östlich des Straßenzuges „Auf dem Hügel“ zu erhalten, fortzuentwickeln und von Bebauung weitestgehend frei zu halten.“
 
Zur Größe des ursprünglichen Parks Michels „Auf dem Hügel 6“
Das Areal dieses Grundstücks erstreckte sich vor 1960 bis zum Bau der Umgehungs-straße „Hermann-Wandersleb-Ring“ zwischen den Straßen „Auf dem Hügel“, „An der Immenburg“ bis zur ersten 90-Grad-Kurve dieser Straße, die in allen Stadtkarten eine gute Orientierung darstellt. Von dieser Kurve verläuft die Grundstücksgrenze fast parallel zur Straße „Auf dem Hügel“ bis zur „Endenicher Straße“,welche bis zur Kreuzung mit der Straße „Auf dem Hügel“ die östliche Grenze des Grundstücks darstellte (Anlage, Abb. 1: Ausschnitt, nordöstliche Grenze „rot“ markiert). Die Hauptwege samt Zufahrt zum Park sind auf dieser Karte ähnlich dargestellt wie auf der ursprünglichen Planungskarte von 18592. Noch nicht zu der ursprünglichen Liegenschaft gehörte ein kleines Grundstück an der nordöstlichen Grenze, dieses muss zwischen 1866 und 1898 hinzugekauft worden sein.
 
BP-Uni neu, Seite 4: Bebauungsplan 7522-4 von 1966
Dieser Bebauungsplan 7522-4 für das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ weist Ergänzungen durch Aufkleber bis zum Jahre 1998 auf, er trägt die ursprüngliche Nummer 204 und ist unter dem Link https://stadtplan.bonn.de/mapbender/daten/images/Bebauungsplaene/plan_internet/7522-4.pdf noch heute November 2021 – über die Website der Stadt Bonn abrufbar. Diese Tatsachen sprechen dafür, dass dieser Bebauungsplan noch rechtskräftig ist. Er wird durch einen Begründungstext ergänzt, der u. a. besagt:
a) Das Universitätsgelände zwischen der Ortsumgehung Endenich bis zur Straße „An der Immenburg“ wird bis auf zwei „Sonderbaugebiete“ als „gärtnerisch zu nutzende Fläche“ festgelegt.
b) In den beiden Sonderbaugebieten wird eine dreigeschossige Vorderhausbebauung zugelassen.

Diese Einschränkungen des existierenden Bebauungsplans Nr. 7522-4 werden in dem BP-Uni neu auf Seite 5 auch angesprochen und eine Änderung beantragt, welche zu der Neuaufstellung als „Bebauungsplan Nr. 6421-1“ BP-Uni neu geführt hat.
Des weiteren ist im nordöstlichen Teil der Liegenschaft „Auf dem Hügel 6“ das Wort „Landschaftsschutzgebiet“ mit schwacher Schrift eingetragen. Auf diese Tatsache wird in dem vorliegenden BP-Uni neu überhaupt nicht eingegangen.
Gewässergütekarte Bonn3
Die Gewässergütekarte zeigt, dass der Endenicher Bach in der Mitte von Endenich (durchgezogener schwarzer Strich) endet, dann „verrohrt“ in einem unterirdischen Kanal zunächst nach Nord-Osten fließt (gepunktete Linie), um weiter in einem Winkel von ca. 90° nach Nord-Westen zu ziehen, um zuletzt in den Dransdorfer Bach zu münden (Abb. 7).

Bei stärkerer Vergrößerung wird deutlich, dass der verrohrte Bach über das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ zieht, und zwar an oder auf der ursprünglichen, nordöstlichen Grenzlinie des Grundstücks (Anlage, Abb. 5).

Höhenunterschiede
Den Höhenlinien nach zu urteilen fällt das Gelände des Grundstücks „Auf dem Hügel 6“ von Nord-Westen nach Süd-Osten ab (Anlage, Abb. 3, 4), was für die Fließrichtung eines offen-gelegten Baches berücksichtigt werden muss.

B.)     FAZIT 
Das bestehende Planungsrecht, festgelegt im  Bebauungsplan 7522-4, widerspricht dem jetzt vorgestellten Masterplan Campus-Endenich BP-Uni neu sowohl in der gärtnerischen Nutzung der Liegenschaft als auch in der geplanten Geschosshöhe; besonders schwerwiegend ist jedoch der Umstand, dass nach dem jetzt für den Masterplan Campus-Endenich beantragten BP-Uni neu sechs Gebäude auf dem historisch dokumentierten Gelände des Park Michels, heute Lenné-Park, erbaut werden sollen. Dieser neue Plan widerspricht dem vom Ersteller des BP-Uni neu selbst genannten Ziel des Erhalts historischer Parkanlagen. 

Der BP-Uni neu bezieht sich also nicht auf die gesamte Ausdehnung des ursprünglichen, historischen Parks, der in den Jahren 1859-1866 angelegt wurde, sondern nur auf den heute noch sichtbaren Restbestand von Bäumen. Ein großer Teil des Baumbestands wurde – zusätzlich zu dem natürlichen Schwund von Bäumen – offenbar nach Übernahme des Grundstücks durch die Landwirtschaftliche Fakultät der Universität nach dem 2. Weltkrieg gerodet und in landwirtschaftlich genutzte Flächen umgewandelt.

Historische Parks bestehen aber nicht nur aus dem Restbestand ursprünglicher Bäume, sondern ebenso aus der ursprünglichen Anlage von Wegen, Sichtachsen, Lichtungen und Bodenformationen, die restauriert werden können, falls Originalpläne vorhanden sind.4 Dieses ist in Endenich der Fall5.

Der neue Bebauungsplan sieht außerdem eine Neuschaffung eines Bachbettes auf dem Grundstück „Auf dem Hügel 6“ vor (siehe unser Schreiben vom 12.11.2021), auf dem der Endenicher Bach nachweislich nie geflossen ist. 

C.)   ERFORDERLICHE UNTERSUCHUNGEN
Vor einer Baugenehmigung für den Campus Endenich sollte durch Fachgutachten geklärt werden,
  1. ob eine Verlagerung des verrohrten Teils des Endenicher Baches  überhaupt noch möglich ist, zu welchen Kosten und mit welcher Ökobilanz. Der Antragsteller sagt selbst (Seite 6), dass auf einem verrohrten Bach keine Gebäude errichtet werden dürfen. Auch muss überprüft werden, ob der Endenicher Bach überhaupt auf diesem Grundstück wegen der Geländeneigung von Süd nach Nord fließen kann. Im Rahmen des Ausbaus der A565 ist schon einmal überprüft worden, ob der verrohrte Endenicher Bach verlegt werden kann. Ergebnis: "Eine Umsetzung der Offenlegung des Endenicher Baches ist für den Vorhabenbereich im Rahmen der Erstellung angrenzender Bebauungspläne geprüft worden und im Ergebnis als nicht machbar eingestuft...."6
    
  2. ob die enge, bis zu sechsstöckige Bebauung des Campus Endenich eine sommerliche Überhitzung der umgebenden Stadtgebiete (Weststadt, Endenich) verursachen kann. Die Weststadt gehört schon heute zu den humanbioklimatisch ungünstigen bis sehr ungünstigen Stadtbezirken.7 Noch ist das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ eine grüne Oase neben der besonders nachts überhitzten Weststadt. Diese Oase sollte aus umweltmedizinischen Gründen eher vergrößert werden. In dem Gutachten sollte auch berücksichtigt werden, dass 293 große Bäume gefällt werden sollen, deren Ersatzpflanzungen erst in 50 bis 60 Jahren die gleiche CO2-senkende Kapazität erreicht haben werden wie es die heutigen Bäume schaffen.
    
  3. ob die Zufuhr von Frischluft besonders in die Weststadt durch die 6-stöckige Bebauung sowie durch die Errichtung von hohen Lärmschutzwänden zur A565 behindert wird und damit die humanbioklimatische Situation verschlechtert wird.
    
  4. Bei einer international anerkannten Persönlichkeit für Denkmalpflege sollte ein Gutachten darüber eingeholt werden, ob der historische Lenné-Park in Endenich wiederhergestellt werden kann. Ein solches „externes“ Gutachten ist aus zweierlei Gründen notwendig:
    
    1. Das Land NRW ist dem „Übereinkommen zum Schutz des architektonischen Erbes Europas“, unter das auch Gärten fallen, beigetreten8. Es bedarf jetzt eines Fachgutachtens, ob der historische Garten in Endenich nach diesem Übereinkommen zu erhalten ist. 
      
    2. Die Bezirksregierung Köln hat das tatsächliche Ausmaß dieses historischen Parks bei seiner Entscheidung vom 08.09.20209 offenbar nicht berücksichtigt; unseres Wissens ist die Entscheidung über die Denkmalwürdigkeit nicht aufgrund eines schriftlichen Fachgutachtens zur Denkmalwürdigkeit eines historischen Parks gefallen, sondern während einer Besprechung vor Ort.
      
Gesamtbeurteilung
Bauherr des „Universitäts-Campus Endenich“ ist das Land Nordrhein-Westfalen, denn die Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn ist eine staatliche Einrichtung ebenso wie der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB). Das Land NRW wird durch den Ministerpräsidenten vertreten, der seit kurzem Hendrik Wüst heißt. Dieser hat am 27. 10.2021 gesagt: „Ich will eine Politik machen, die über das Jahr 2022 hinausdenkt und nicht nur an die nächste Wahl. Der Klimaschutz ist sicherlich die größte Aufgabe unserer Zeit. Nur wenn wir es schaffen, ein klimaneutraler Industriestandort zu werden, der Wohlstand, soziale Sicherheit und gute Arbeit garantiert, kann das Klima gerettet werden.“10

Das Hauptziel der Landesregierung NRW ist jetzt Klimaneutralität. Diese Klimaneutralität bietet wahrscheinlich auch die Lösung für den Ausbau des Campus Endenich: Es gilt, berechtigte Interessen der Universität wie den Ausbau des Wissensstandorts zu unterstützen, was auch der Stadt Bonn zugute käme. Dieser Ausbau muss jedoch auf einem relativ begrenzten Grundstück geschehen in einer Stadt, die in einem Talkessel liegt und deren Bevölkerung im Sommer und Winter unter Hitze, Luftverschmutzung und Lärm leidet.

Aber Klimaneutralität ist auch unter solchen Bedingungen möglich: In Abu Dhabi hat die Regierung 2008 eine klimaneutrale Universitätsstadt „Masdar City“ in die Wüste gebaut. Ein Besuch dieser Einrichtung im Jahre 2015 überzeugte, dass diese Experimentier-Stadt schon damals zukunftsweisend war. Auch in Deutschland wird klimaneutral gebaut, z. B. in Holzbauweise in Berlin-Weißensee. Das Land NRW könnte entscheiden, dass der Campus Endenich  klimaneutral gebaut wird. Gleichzeitig könnte das Land NRW auch zeigen, dass es einen historischen Park in ein Universitätsgelände integrieren kann und somit historische Gärten und klimaneutrale Projekte verbinden kann. Dazu bedarf es unter anderem Landschaftsarchitekten, die Kompetenz in Gartendenkmalpflege haben und im Sinne des berühmten Landschaftsarchitekten Peter Josef Lenné arbeiten.

Der Campus Endenich könnte zukunftsweisend gestaltet werden.

Jost Brökelmann
01.12.2021

1. Besonderer Dank gilt in alphabetischer Reihenfolge – Raimund Gerber, Linda Mattern, Rudolf Neidert, Ingeborg Nolden, Sigurd Trommer

3.  Erstellungsjahr: unbekannt. Quelle: Stadtarchiv Bonn

4. Wie rekonstruiert man einen Landschaftspark? Wissenschaftler der TU Berlin dokumentieren die Geschichte des Wege- und Wasseranlagenbaus in deutschen Gärten und Parks und liefern Grundlagen für die angewandte Gartendenkmalpflege –file:///C:/Austausch/pdf-Lesen/TU%20Berlin%20-%20Medieninformation%20Nr.%20288%20-%2017.%20Dezember%202003.htm

                               

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