Lenné Geburtshaus Konviktstraße 4, Bonn
Lenné GeburtshausKonviktstraße 4, Bonn 

Teilzerstörung des Lenné-Parks in Bonn-Endenich im Jahre 1966

von Jost Brökelmann

 

 Lenné in Bonn

Peter Joseph Lenné wurde 1789 im Gärtnerhaus des Residenzschlosses Bonn in der Konviktstraße 4 geboren. Seine gärtnerische Ausbildung im Schlosspark Brühl beendete er 1808. Danach studierte er in Paris und arbeitete während der sog. Wanderjahre in mehreren Gärten Europas. 1816 begann er in Potsdam eine gärtnerische Tätigkeit, die ihn zum preußischen Generalgartendirektor aufsteigen ließ. Er wurde der berühmteste deutsche Gärtner des 19. Jahrhunderts. Für viele gilt Peter Joseph Lenné als der zweit-berühmteste Sohn der Stadt Bonn nach Beethoven.

In Bonn gibt es nur wenige Spuren von Peter Joseph Lenné: Im Stadtmuseum sind in einer Vitrine sein Gehstock und eine Vase zu besichtigen. In Bonn ist eine Straße nach ihm benannt, im Botanischen Garten ein Gehweg. Dort und am Rheinufer stehen Büsten von ihm. Sein Geburtshaus, das ehemalige Hofgärtnerhaus aus dem 18. Jh., wird von der Universität Bonn als Verwaltungsgebäude genutzt. Es ist nicht öffentlich zugängig. obwohl die Lenné-Gesellschaft Bonn seit 2016 dafür kämpft, dass dort ein Museum oder eine öffentliche Begegnungsstätte eingerichtet werden soll. 

Der einzige, von Peter Joseph Lenné in seiner Geburtsstadt gestaltete Park wurde 1859 -1863 als Privatpark für Herrn Michels auf dessen Grundstück „Auf dem Hügel 6“ in Endenich bei Bonn angelegt.1 Dieser Park wechselte später Besitzer und Namen und wurde nach dem 2. Weltkrieg vom Land Nordrhein-Westfalen  aufgekauft. Das Land NRW vermietete die Liegenschaft an die Universität Bonn, Institut für Obst- und Gemüsebau. Unter den Parks und Gärten der Stadt Bonn wird der Park nicht erwähnt.2

Paul Kaufmann, der älteste Sohn des damaligen Bonner Oberbürgermeisters, berichtete 1936 u. a. über das Anwesen3: „Es lag auf einer Anhöhe inmitten eines großen Parks, dem sich ein Obst- und Gemüsegarten anschloss, und eröffnete einen weiten Blick über blühendes rheinisches Land“.4

Ein weiteres, mehr ideelles Werk von P. J. Lenné für Bonn war der Erhalt des Hofgartens. Auf Bitten von Oberbürgermeister Kaufmann schaltete sich Lenné in den Jahren 1858-62 bei der Preußischen Zentralregierung ein und konnte die Bebauung des Stadtgartens, die von der Universität Bonn geplant war, ebenso wie eine weitere Bebauung des Hofgartens verhindern.

Lenné, der Generalgartendirektor von Preußen, wurde noch einmal eingeschaltet, als es um die Weiterführung der Eisenbahn von Bonn in Richtung Süden über die Poppelsdorfer Allee hinaus ging. Dieses Problem löste Lenné, indem er den Bahndamm niedrig und unauffällig bauen ließ.

Außer in Bonn war Peter Joseph Lenné vielerorts im Rheinland tätig. Eines seiner Frühwerke war die Gestaltung der Rheinterrassen in Koblenz, später kam der Garten der Burg Stolzenfels und zuletzt die „Flora“ in Köln hinzu.

Lenné-Park in Endenich
2014 wurde der ehemalige Park Michels in Bonn Endenich „Auf dem Hügel 6“ wieder-entdeckt5 und von der Lenné-Gesellschaft besucht.6 Er war 1989 von Gerhard Hinz7 eingehend mit Originalplan beschrieben worden, erneut 2010 vom Landeskonservator Knopp8 und 2014 von Ingeborg Nolden9. 

Der in den 1950-er Jahren zunehmende Verkehr durch die Endenicher Straße veranlasste den Bonner Stadtrat, eine Umgehungsstraße für Endenich zu planen (Abb. 1)10. Diese Umgehungsstraße sollte über das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ in Endenich und mitten durch den ehemals von Lenné gestalteten Park geführt werden. Die Geschichte des Baues dieser Umgehungsstraße wirft ein Licht auf die Bedeutung, die Kulturgüter und kommunale Belange in den 1960-er Jahren hatten.

Ausgangspunkt unserer Recherchen war der Bebauungsplan von 1965, der sich im Stadthaus befindet, im Internet einsehbar ist und noch heute gilt. Er trägt die Nr. 204, später 75522-04.
Die ursprüngliche Wegführung von Peter Joseph Lenné ist gut zu erkennen. Ebenfalls findet sich die etwas verblasste, in grüner Farbe verfasste Bezeichnung „Landschafts-Schutzgebiet“, daneben „Friedrich Wilhelm Universität“. Dieser Eintrag ließ aufhorchen, denn die nördlich dieses Landschaftsschutzgebietes gelegene Autobahn 565 sollte in das Landschaftsschutzgebiet hinein erweitert werden. Zusätzlich plante seit 2012 die Universität Bonn in Zusammenarbeit mit dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) NRW, diese Liegenschaft im Rahmen des „Campus Endenich“ zu bebauen.

Bebauungsplan Nr. 204 „Auf dem Hügel 6“ und Entstehungsakte
Der Bauplan Nr. 204 betrifft das Bauvorhaben „Umgehungsstraße Endenich“ auf dem Grundstück „Auf dem Hügel 6“ und ist im Internet einsehbar.11

Die Entstehungsakte dieses Bauplanes umfasst 69 Blätter und wurde von der Stadtverwaltung als PDF-Datei zur Verfügung gestellt. Der Übersicht halber wurde ein Exzerpt dieser Akte den Lenné-Park betreffend angefertigt (Anlage 1).


Folgende Fakten fallen auf:
1) Laut Bebauungsplan Nr. 204 war und ist das Grundstück als Landschaftsschutzgebiet in grüner Schriftfarbe ausgewiesen; die Schrift ist verblasst. Daneben steht die Bezeichnung „Rheinische Friedrich Wilhelm Universität“ in schwarzer Schrift.
2) Auf den Blättern 18, 21 und 22 der Entstehungsakte wird darauf hingewiesen, dass das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ dem Landschaftsschutz unterliegt. Diese Akteneinträge datieren von 1964 und 1965.
3) Blatt 36: Der Direktor des Instituts für Obstbau, auf dem sich der Lenné-Park befand, hat das Alter einer Zeder im Park mit exakt 102 Jahren angegeben. Das „Geburtsjahr“ dieses Baumes wäre also 1863. 
4) Blatt 41: Das Bauverwaltungsamt ließ alle Bäume des Parks registrieren und ordnete an, dass diejenigen Bäume, die dem Bau der Umgehungsstraße zum Opfer fallen würden, nicht im städtischen Denkmalbuch registriert werden sollen. 
5) Blatt 42: Die ausführende Behörde schlug hingegen vor: Die Mammutbaum-Gruppe soll in jedem Fall erhalten bleiben.
6) Von den auf dem Bauplan (Abb. 2) registrierten Bäumen liegen nach eigenen Berechnungen 11 Bäume im Gebiet der Umgehungsstraße und 6 außerhalb der Baustraße. Das heißt, die Mehrzahl der als wertvoll, namentlich registrierten Bäume des Lenné-Parks  wurden 1966 gefällt.

Diskussion
Bislang wurde von keiner Seite bezweifelt, dass Peter Joseph Lenné den Park auf dem Grundstück „Auf dem Hügel 6“ in Bonn-Endenich gestaltet hat. 1928 wurde die Existenz dieses Parks in der Preußischen Plankammer in Potsdam katalogisiert. Spätestens seit 1959 wurde  in der Kommune wegen des zunehmenden Verkehrs über die Endenicher Straße der Plan diskutiert, eine Umgehungsstraße von Endenich zu bauen; im Stadtplan von 1959 ist eine Trasse mitten durch diesen Park eingezeichnet. 

Es ist nicht aktenkundig, ob dem Rat der Stadt Bonn bewusst war, dass dieses ein Park eines berühmten Sohnes der Stadt Bonn, Peter Joseph Lenné, des Gartenbaudirektors von Preußen, war. Doch gibt es zahlreiche Hinweise, dass dieses Wissen in der Stadt präsent war:
  • Auf dem Stadtplan von 1910 war der Wegeplan des Parks wie im Originalplan eingezeichnet.12
    
  • Anfang des 20. Jh. gab es zahlreiche Postkarten mit Abbildungen des Lenné-Parks, der damals „Park Hoheneich“ hieß.13
    
  • 1936 beschrieb Paul Kaufmann, Sohn des in Bonn bekannten Oberbürgermeisters Kaufmann, den Garten in seinem Buch „Jugenderinnerungen“, das in Bonn  bekannt war.
    
  • Seltsamerweise findet die Stadtverwaltung Bonn keine Aktenvermerke zur Ausweisung des Landschaftsschutzgebietes vor 1964 oder zur Beendigung dieses Schutzgebietes.

  • Die Bezirksregierung Köln negiert 2022 die Existenz eines Landschaftsschutz-gebietes in den Jahren 1964 bis 1965, obwohl sie über die mehrfache Erwähnung eines Landschaftsschutzgebietes in der Entstehungsakte zum Bebauungsplan Nr. 204 informiert wurde.
    
  • In diesem „Geburtsjahr“ des genannten Zeder-Baums, d. h. 1863, wurde einst der Lenné-Park fertiggestellt. Es ist naheliegend, dass der Institutsleiter auch wusste, wer den Park angelegt hatte.
    
  • Die „Weststadt“ von Bonn, die ähnlich wie Endenich an das Grundstück „Auf dem Hügel 6“ grenzt, gehört schon heute zu den humanbioklimatisch sehr ungünstigen Stadtbezirken (Stadtklimaanalyse 2020). Sie müsste laut Stadtklimaanalyse entsiegelt und begrünt werden.
    
  • Die Bezirksregierung Köln hat die Historie dieses Parks bei ihrer Entscheidung vom 08.09.202014 offenbar nicht berücksichtigt; unseres Wissens ist die Entscheidung gegen die Denkmalwürdigkeit nicht aufgrund eines schriftlichen Fachgutachtens zur Denkmalwürdigkeit eines historischen Parks gefallen, sondern während einer Besprechung vor Ort.
    
  • Von Zeitzeugen wird immer wieder betont, dass der Stau in der Endenicherstraße damals 1965 „untragbar“ war.
    

 

Zusammenfassung

 

In den 1960-er Jahren haben sich Bevölkerung und Stadtrat mehrheitlich dafür entschieden, den Park eines berühmten Sohnes ihrer Stadt dem besseren Verkehrsfluss in diesem Ortsteil zu opfern und den Mantel des Schweigens über diese Entscheidung zu legen.

 

Heute ist die Situation anders als damals: Das ehemalige Parkgelände ist von Stadtteilen (z. B. Weststadt) umgeben, die durch Luftverschmutzung und Hitzestau im Sommer gekennzeichnet sind. In einem Klimagutachten der Firma PEUTZ Consult von 2022 wird für das an die Autobahn angrenzende Grundstück „Auf dem Hügel 6“ mit einer durchschnittlichen Feinstaubbelastung PM2,5 von <13 bis 14 μg gerechnet. Dieser Wert liegt zwar unter dem z. Zt. noch gültigen Grenzwerten der EU, jedoch weit über denjenigen Grenzwerten, die 2021 von der WHO gefordert wurden, nämlich 5 μg, und die in absehbarer Zeit auch in der EU gelten werden. Der fortschreitende Klimawandel wird die gesundheitsgefährdende Situation in diesen Stadtteilen von Bonn noch verschlimmern. Deshalb sollten diese Stadtteile dringend entsiegelt und die noch auf dem Universitäts-Gelände vorhandenen grünen Freiräume ausgebaut werden.

 

Da bietet es sich an, dass auf dem Grundstück „Auf dem Hügel 6“ ein öffentlicher Freiraum/Park, eine grüne Oase, sowohl für die Studierenden als auch für die Bevölkerung geschaffen wird, und zwar im Sinne des Städteplaners P. J. Lenné, der schon vor über 150 Jahren unter dem Motto „Bäume sind die Lungen einer großen Stadt“ Stadtplanung betrieb und für die Stadtbevölkerung „Bäume aus gesundheitlichen Gründen“ empfahl. Hier könnten die Universität Bonn und das Land NRW zeigen, dass sie als Antwort auf den Klimawandel einen klimaneutralen Campus mit grüner Oase nach wissenschaftlich fundierten Methoden bauen lassen und damit sich und der Bevölkerung der Stadt Bonn etwas Gutes antun.

 

 

 

 

1 Schreiben c.sommer@spsg.de vom 28.07.2022: „Der [...] Plan vom Garten Michels in Endenich bei Bonn, 1859, GK II (1) 3470, gehört zum zeichnerischen Nachlass des Gartendirektors Lenné, der testamentarisch verfügt hatte, dass dieses Konvolut in die Plansammlung der Königlichen Gartendirektion mit Sitz in Potsdam-Sanssouci überführt wird. Dieser Plan ist demzufolge in der ersten Bestandsaufnahme dieser Sammlung, die um 1928 erfolgte, bereits erfasst.“

3 Kaufmann, Paul. Mein rheinisches Bilderbuch: Jugenderinnerungen. 1936

4 Knopp, Gisbert. Peter Joseph Lenné – Der berühmte königlich-preußische Generalgartendirektor und seine vielgeliebte Vaterstadt Bonn. https://www.bonn.de/medien-global/amt-41/stadtmuseum/Peter_Joseph_Lenn_.pdf

5 Nolden, Ingeborg. Spurensuche zum 225. Geburtstag von Peter Josef Lenné (1789-1866) Bonn. Bonner Geschichtsbl. Bd. 64, 2014

6 Nolden, Ingeborg. Lenné-Park in Endenich. https://www.lenne-bonn.de/lenn%C3%A9-park-in-bonn/

7 Hinz, Gerhard. Peter Joseph Lenné. Das Gesamtwerk des Gartenarchitekten und Städteplaners. Georg Olms Verlag 1989

8 Knopp, Gisbert. Peter Joseph Lenné – Der berühmte königlich-preußische Generalgartendirektor und seine vielgeliebte Vaterstadt Bonn. in: Bonner Geschichtsblätter, Bd. 60, 2010

9 Nolden, Ingeborg. s. Fußnote 5

10 Stadtplan von 1959

12 Stadtplan Bonn 1910, Stadtarchiv

13 Nolden, Ingeborg. Ein Lenné-Park in Bonn. https://www.lenne-bonn.de/lenn%C3%A9-park-in-bonn/alte-ansichten/

 

 

 

 

Abb. 1: Plan der Stadt Bonn. 1959. Ausschnitt: Grundstück "Auf dem Hügel 6", Lenné-
Park mit Wegführung. Eingezeichnet eine Trasse vom "Endenicher Ei" durch den Lenné-
Park. Quelle: Stadtarchiv

          

 

Abb. 2: Namentlich in den Bebauungsplan eingezeichnete "Denkmal"-Bäume des Lenné-
Parks auf dem Grundstück "Auf dem Hügel 6". Quelle: Entstehungsakte des
Bebauungsplanes Nr. 204. Rot = geplante Umgehungsstraße

          

 

    

 

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