von Jost Brökelmann1 und Raimund Gerber2
Durch die Befragung der Stadtbevölkerung im Rahmen des Dialogs bonnbewegt (Zusammenfassung siehe Brökelmann3) zeichnen sich folgende Kontroversen ab:
A. Flächenbedarf: Für den Ausbau der Autobahn soll die bestehende versiegelte Fläche von 27.005 qm um zusätzliche(!) 34.250 qm erweitert
werden, das sind 127 % mehr als der Ist-Zustand. Das heißt: Das neue Autobahnteilstück zwischen Autobahnkreuz Bonn Nord und Abfahrt Poppelsdorf wird mit neuen Stand- und Fahrspuren sowie
Wartungswegen in die Breite wachsen – da die Länge der Autobahn gleich bleibt - und an vielen Stellen mehr als doppelt so breit wie die jetzige Autobahn werden. Dafür müssen
Bäume gefällt und Sträucher entfernt werden - die gesamte Tier- und Pflanzenwelt, die jetzt als „grüner Filter“ an der Autobahn dient, wird entfernt und durch Strassen und
Stützwände ersetzt. Diese substantielle Zunahme der Versiegelung unter Vernichtung von Grünstreifen geht zu Lasten der Umwelt - nicht nur der angrenzenden Wohngebiete, sondern der gesamten
Stadt.
Kontra: Ein solcher Ausbau widerspricht den bundesweiten Empfehlungen des
Bundesministerium für Umwelt (BMU):
B. Verschlechterung des Stadtklimas: Wegen des geplanten Ausbaus auf die doppelte Breite, wegen der wesentlichen Erhöhung der Menge des Verkehrs
sowie des Wegfalls der jetzigen Geschwindigkeitsbegrenzung sind, gemäß Straßen.NRW, besonders hohe Lärmschutzwände erforderlich (9 bis 12 m hoch), welche wiederum die
Ausgleichswindströmungen behindern sowie die Luftzirkulation verschlechtern. Die „heißen Nächte“ in Bonn nehmen schon jetzt zu.5, 6
Es kommt zu einer stetigen Zunahme der Jahresmitteltemperatur in Bonn.7 Die von der Stadt Bonn in Auftrag gegebene Klima-Studie ergab für die Nacht Temperaturunterschiede bis zu 12 Grad Celsius zwischen dem Grundstück „Auf dem Hügel 6“, dem ehemaligen Lenné-Park Endenich, und den angrenzenden Wohngebieten der Weststadt und Endenichs (Abb. 1 und 2). Die geplanten Erweiterungen bedingen eine Verschlechterung des Stadtklimas. Gleichzeitig erhitzt sich der massive Baukörper an den „heißen Tagen“ erheblich (Oberflächentemperaturen von weit über 55 Grad Celsius an den Oberflächen).8 Diese Hitzestrahlung wird an die umgebende Stadt abgegeben. Damit leistet der zukünftige Baukörper einen großen Beitrag dazu, dass sich die Temperaturen in Bonn weiter erhöhen und insbesondere in den normalerweise abkühlenden Nächten die Temperaturen in der Stadt Bonn hoch gehalten werden. Hitzewellen werden also verstärkt werden; diese erhöhen das Sterblichkeitsrisiko von Herzkranken um bis zu 15%.9
Abb. 1: Bonn. Temperatur nachts 4 Uhr. Der Lenné-Park im roten Kreis und der Hofgarten
rechts im Bild haben niedrige Temperaturen (blau); in Endenich und besonders der Weststadt
bleiben Temperaturen nachts hoch. Rot = Kreis mit einem Radius von ca. 1 km. Quelle:
Klimaanalyse für die Stadt Bonn, Dipl. Geogr. Cornelia Burmeister.
https://www.bonn.de/medien-global/amt-56/klimaschutz/Klimaanalyse_ZURES.pdf
Die „Ausgleichsflächen“ für die A565-Baumaßnahmen zwischen Kreuz Nord und Endenicher Ei werden gemäß Besuch der Bürgerinitiative bei Strassen.NRW am 22.1.2020
u.a. auf der anderen Rheinseite südlich des Vilicher Baches zwischen Schwarz-Rheindorf und Vilich-Rheindorf auf
sowieso schon naturnahem Gelände geschaffen. Es wird nirgends eine Fläche als Kompensation für die Erweiterung der Autobahn 565 entsiegelt! Die Ausgleichsflächen jenseits des Rhein helfen
den Bewohnern diesseits des Rheins überhaupt nicht; letztere sind die Benachteiligten.
Kontra: Die geplante massive Baumaßnahme zur Erweiterung der A565 widerspricht den bundesweiten Empfehlungen des BMU:
C. Gesundheit der Anwohner: Der geplante Ausbau der Autobahn durch Straßen.NRW berücksichtigt nicht den Einfluss, den der Ausbau auf die Gesundheit
der Anwohner hat.
Kontra: Der Masterplan Stadtnatur konstatiert (Seite 28): „Die gesundheitsfördernden Wirkungen von städtischem Grün sind erheblich“.
Medizinisch-wissenschaftliche Arbeiten aus jüngster Zeit belegen:
D. Online-Tool für Stadtplanung
Am 17.06.2020 hat das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz von NRW (LANUV) Klimakarten für Bonn ins Internet gestellt.13 Die Entwicklung des neuen Planungs-Tools war ein
Kooperationsprojekt zur hitzeangepassten Quartiersplanung in NRW von LANUV, DWD und der Stadt Bonn.
Abb. 3 stellt das bekannte Stadtbild um den „Tausendfüßler“ dar. Der „Tausendfüßler“ ist rot markiert.
Abb. 4: Bonn. Klimakarte nachts 4 Uhr. W = Weststadt. Grüne Oasen: a: ehemaliger Lenné-
Park, b: Botanische Gärten, c: Botan. Gärten Poppelsdorf, d: Hofgarten, e: Alter Friedhof.
Weststadt (W) und Altstadt weisen hohe Nachttemperaturen auf (rot), blau: Grüne Oasen mit
niedrigen Temperaturen. Quelle LANUV
Abb. 4 zeigt die Nacht-Temperaturen in dem gleichen Stadtareal um 4 Uhr morgens. Auf dieser Plankarte ist noch ein Grünstreifen an der Autobahn A565
eingezeichnet. Statt des Grünstreifens sollen jetzt breite Asphaltflächen geschaffen werden. Auch wird deutlich, dass die Bewohner der Weststadt schon jetzt einer über-durchschnittlichen
Nacht-Hitze ausgesetzt sind,
die durch den Ausbau der Autobahn noch verstärkt würde.
Zwischenbilanz
Das Bundesministerium für Umwelt schreibt im Masterplan Stadtnatur: „9. Wir werden die Vorbildfunktion des Bundes für Stadtnatur ausbauen. Der Bund
hat eine besondere Verantwortung, die eigenen Liegenschaften nachhaltig zu entwickeln.“ Daraus folgt:
Vor diesem Hintergrund, insbesondere den Veröffentlichungen über Gesundheitsschäden durch ungünstiges Stadtklima, ist es aus unserer Sicht erforderlich, dass der
Bund, das Land NRW und die Stadt Bonn die veralteten Ausbaupläne für die A565 überdenken müssen und jetzt zukunftsgerecht planen. Statt das Stadtklima durch den Ausbau der A565 nach
bisheriger
Planung zu verschlechtern, sollte eine Lösung gefunden werden, welche das Stadtklima nachhaltig verbessert.
Alternativvorschlag: Stadtallee statt Betonband - kurz „Allee statt Beton“
Es existieren noch die Grünanlagen am „Tausendfüßler“ A565. Diese sollten erhalten und durch Anpflanzung von Dürre-resistenten Bäumen und Büschen, u.a. Mittelmeerzypressen,
„verschönt“ werden, so dass die Autofahrer den Eindruck bekommen, sie fahren durch eine Gartenstadt. Das wird die Menschen daran erinnern, dass wir uns
an die neuen Klimaverhältnisse anpassen müssen, dafür aber auch „gepflegte Natur“ genießen dürfen. Das würde auf eine geplante Geschwindigkeitsbegrenzung auf der A565 in schöner Umgebung
hinauslaufen und damit ein Zeichen für eine neue Stadtplanung in Bonn setzen.
Im Rahmen der „Durchgrünung“ der Stadt Bonn sollten - über die Wohngebiete verteilt - GRÜNE OASEN eingerichtet und gepflegt werden, so dass sich die Bewohner
überall innerhalb eines Kilometers in einer GRÜNEN OASE erholen können und die Hitze in den Wohngebieten reduziert wird:
Bonn, 06.07.2020