von Raimund Gerber und Jost Brökelmann
In Vorbereitung auf die Veranstaltung am 21. August 2020 auf dem Münsterplatz Bonn hatten uns die OB-Kandidat*innen folgende schriftliche Statements zum Ausbau der Stadtautobahn A565 mitgeteilt:
Ashok Sridharan/CDU (amtierender OB): „Als Oberbürgermeister werde ich alles dazu beitragen, dass der Ausbau der A565/Tausendfüßler aber auch
eine neue Ost/ West-Rheinquerung für Fahrräder so zügig wie möglich erfolgen und die mit diesen Baumaßnahmen verbundenen Auswirkungen für den Innenstadtverkehr in Bonn, aber auch für die
betroffenen Anwohner*innen in dieser Zeit so gering wie möglich ausfallen."
Lissi von Bülow/SPD: "Wenn ich ab Herbst Oberbürgermeisterin Bonns bin, werde ich die Ausbauplanungen der A565 begleiten und massiv darauf
drängen, den Radschnellweg doch in der Planung noch zu berücksichtigen, da ich sonst in den kommenden Jahren keine Alternative zu dieser schnellen Verbindung über alle Straßen,
Schienensysteme und den Rhein hinweg sehe."
Werner Hümmrich/FDP (hatte sich bei der Podiumsdiskussion durch Herrn Frank Thomas vertreten lassen): „Ich werde mich beim Ausbau der A565 und
der A59 auf sechs Spuren dafür einsetzen, dass während der gesamten Bauzeit zwei Fahrstreifen in beide Richtungen zur Verfügung stehen werden, da andernfalls Bonn ein Verkehrsinfarkt mit
einem totalen Erliegen des Straßenverkehrs droht."
Dr. Christoph Manka/BBB: "Als Bürgermeister werde ich mich für die Änderung des Bauplans im Sinne einer Troglage zur Harmonisierung des
Stadtbildes einsetzen."
Katja Dörner/Die Grünen: „Zur Korrektur der vollkommen aus der Zeit gefallenen Planung werde ich als
Oberbürgermeisterin den ganzen Einfluss der Bundesstadt Bonn nutzen, um eine Sanierung ohne Verbreiterung (ergänzt um einen Radschnellweg) zu erreichen.“
Dr. Michael Faber/Die Linke: „Da der dreispurige Ausbau des Tausendfüßlers verkehrs- und klimapolitisch der falsche Weg ist, werde ich bis hin
zu städtischen Einwendungen im Planverfahren jeden Versuch unternehmen, den über die reine Sanierung hinausgehenden Ausbau noch zu verhindern.“
Die Veranstaltung am 21. August 2020
Die Veranstaltung war ein großer Erfolg: Es war eine von Celine Giese (Fridays for Future) sachlich geführte, straff moderierte Podiumsdiskussion zum Ausbau der Stadtautobahn A565;
die Veranstaltungstechnik schätzte die Teilnehmerzahl auf 400-450; der Münsterplatz war voll; der General-Anzeiger Bonn sah nur 200 Zuhörer. Die Teilnehmer*innen waren entsprechend
den Corona-Regeln diszipliniert.
Am Ende resultierte eine klare Entscheidungshilfe für die Bonner Bürger*innen:
Unsere Meinung
Sehr erstaunt hat die Aussage des amtierenden OBs (in Minute 59:12: „Ich weiß nicht, was die Planung [Anmerkung: für die A565] ist. Ich kenne sie nicht. Ich kenne die
Umweltverträglichlichkeitsüberprüfung nicht. ... “
Offensichtlich wagt auch die Mehrheit der Parteien nicht, die Zeichen der Zeit wie den
Klimawandel anzuerkennen und politische Konsequenzen daraus zu ziehen. Nun ist es an den Bonner Bürgern, bei den Kommunalwahlen am 13. September zu entscheiden, wer diese Stadt in Zukunft
regieren soll und auch wie die Stadt dereinst aussehen soll.
Das Thema „Lenné-Park Endenich“ war nicht ausdrücklich Gegenstand der Podiumsdiskussion, denn es ist nur einer von mehreren, jedoch wichtigen Nebenschauplätzen des
Autobahnausbaus. Der Lenné-Park wurde aber zweimal in der Anmoderation genannt (Minute 7:06): „Dafür (für diese Autobahn) soll der Lenné-Park für ein Abwasserbecken versiegelt werden
..“ und (Minute 7:36): „Es gibt Gründe, die gegen den Ausbau der Autobahn sprechen...Gesundheit... und auch die
Zerstörung des kulturellen Erbes der Stadt, nämlich die Zerstörung des Lenné-Parks...“ Die Thematik „Lenné-Park“ wurde des weiteren anhand von 2 Plakaten den Interessierten, u.a.
dem regierenden OB, erläutert.
Zur Organisation
Veranstaltet und organisiert wurde die Podiumsdiskussion von der Bürgerinitiative
https://www.moratorium-a565.de/, insbesondere Irmgard Henseler und Raimund Gerber, die auch Mitglieder der Lenné-Gesellschaft sind. Veranstalter und verantwortlich im Sinne
des Versammlungsgesetzes war Raimund Gerber.
Die Veranstaltung wurde unterstützt und getragen von folgenden Organisationen:
Beteiligung der Bürger
Der Stadtverwaltung könnte diese Veranstaltung auf dem Münsterplatz zum Vorbild für
Bürgerbeteiligung nehmen: Längst hätte sie auch in Corona-Zeiten eine Bürger*innen-
Informationsveranstaltung zu dem für die Stadt so wichtigen Ausbau der A565 organisieren können. Der amtierende OB sagte nach der Veranstaltung, dass die beschlossene
Bürger*innen-Informationsveranstaltung zeitgleich mit dem Planfeststellungs-Verfahren durchgeführt werde. Dies ist unserer Meinung nach viel zu spät und eine Beleidigung des Bürgerwillens. Wie
können nach dem Planfeststellungs-Verfahren die Anregungen der Bürger noch in die Ausbaupläne einfließen?
Die Bürger*innen-Informationsveranstaltung war schon im Januar beantragt und im März 2020 durch den Bürger*innen-Ausschuss beschlossen worden! Es entsteht so der Eindruck, dass
der Bürgerwille ausgebremst werden soll.
Dank
Unser besonderer Dank gilt allen Mitgliedern, die sich aktiv bei der Darstellung der Autobahnbreite und Höhe der Schutzwände vor und nach dem Ausbau - u.a. mittels grüner und
schwarzer Luftballons - beteiligt haben, die die Poster erklärten und besonders auch diejenigen, die durch eine Spende zur Finanzierung dieser Veranstaltung beigetragen haben. Dieses war
wahrscheinlich die einzige, privat finanzierte, auf alle Fälle die größte öffentliche Podiumsdiskussion mit den
Oberbürgermeister-Kandidaten*innen vor der Kommunalwahl am 13. September 2020.